Freiraum: Dreamland

Karneval der Kulturen

von Martin Teuschel

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Beim Karneval der Kulturen sah ich die unglaublich schöne Frau, neben der alle Schauspiel- und Laufsteggrößen erbarmungslos verblassen.
 Vermutlich war sie türkisch, ihre Haut mit dunklem Teint, kein Lidstrich zuviel, keiner zuwenig. Und weißer Stoff schloss und öffnete je nach tänzerischen Bewegung ihr Dekolleté. Wohlgeformt verbarg sich dort ihr Busen.
Die Augen der dunklen, orientalischen Schönheit trugen das Feuer ungezähmter Leidenschaft. Sie warf es umher, entzündete  die Herzen aller Männer, die allesamt um die Gunst der Schönheit tanzten.  Zum Leid der anderen weiblichen Anwesenden,  die dieser Einen nichts entgegenzusetzen hatten.

Testosteron und Zauberstaub lagen in der Luft
.
Schon wegen Dir, Francesca, blieb ich auf Distanz, aber was war mit den anderen? Waren sie wie ich, durch Liebe gebunden.

Nein, sie tanzte nur mit einem, und dieser  war erlaubt. Kein anderer. Jeder, der es wagte, wurde von dem bulligen, freundlichen Mann mit Pferdeschwanz hinfort gebeten. Den meisten reichte eine abfällige Handbewegung, manche verscheuchte ein tief böser Blick und die letzten weichten durch die Geste des  Zeigefingers am Hals. Das erschien den meisten glaubhaft. Keiner wagte es diesen Mann zu provozieren, denn ... . Hatte ich erwähnt:  Er hatte  einen Pferdeschwanz.

DJ Chat-In heizte ein. Wir tanzten im Kreis, mal in kurdischer, mal in türkischer Art, tanzten unbeholfen europäisch mit orientalischem Schulterzucken oder stilecht. Wir tanzten zusammen, wie Ricardo so gerne sagt: Insieme. Fast alle. Einer nicht. Der Pferdeschwänzige. Plötzlich verstand ich die Schwere seines Daseins. Seine Schwester war die schönste Frau der Welt. Und an diesem Abend, die begehrteste. Seine breiten Schultern trugen die Last ihre Ehre zu verteidigen. Immer. Seit ihrer Geburt. Bis zu seinem Tod. Und gegen jeden.  Der mit dem Pferdeschwanz Verständlich, das sein Körper gut trainiert war. Ich beneidete ihn nicht. Auch wenn es ihm möglich war mit der schönsten Frau der Welt gefahrlos zu sprechen, sie zum Freund zu haben, jeden Tag ihre Schönheit bewundern zu können. Nein, selbst deshalb  nicht.     


von Martin Teuschel

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