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Neulich in der Ewigkeit schien die Sonne auf Silos Fell. Silo schloss seine lang
bewimperten Augen. Er mochte es, wenn Joshua ihn bürstete. Und Joshua liebte es
Silo zu bürsten. Der Siebenjährige strich nicht nur in die Richtung, die der
alte Jan ihn gelehrt hatte. Joshua strich auch gegen die Wuchsrichtungen und
manchmal, das gefiel Silo ganz besonders, drückte das Kind die Bürste fest auf
den Esel und drehte kleine Kreise. Nie bewegte er seine Hand gedankenlos. Im
Gegenteil: Joshuas Augen ruhten stets auf Silos Körper, während er das Eselfell
pflegte. Nur manchmal schloss Joshua seine Augen. Dabei spürte er die
unsichtbare Verbindung, die es zwischen ihm und dem Tier. Sonst sah Joshua immer
genau hin, denn der Esel signalisierte ihm nicht nur mit seinen langen Ohren,
was dem Tier besonders gefiel. Hatte Joshua den Esel unangenehm berührt, so dass
es diesen störte, bemerkte Joshua dessen Missfallen. Das wurde allerdings immer
seltener. Joshua und Silo kannten sich sehr gut. Der Esel verzieh seinem Freund
nach einiger Zeit auch gerne einen Fehler und muckste nicht. Nie hatte er daran
gedacht den kleinen Menschen zu beissen. Gebissen hatte er immer nur andere.
Hinter dem Kinderbauernhof wehte die deutsche Fahne an Joshuas Fenster. Dahinter
plagten Hannas Gesicht Geldsorgen. An die Fahne hatte sie sich gewöhnt. Obwohl
sie ihr auch weiterhin gelegentlich unangenehme Schauer verursachte. Es war
immerhin die Fahne des Volkes, das ihre Ur-urgroßeltern, deren Kinder und fast
alle deren Kindeskinder ermordet hatte. Hanna versuchte darüber hinwegzusehen.
Schliesslich war seit den deutschen Greueltaten eine lange Zeit vergangen und
Joshua hatte die Fahne gewollt. Wegen dem Fussball. Sie war nicht teuer gewesen.
Und irgendwie, ganz tief in ihrem Inneren hatte sie gehofft, das Joshua
vielleicht zu den ersten Deutschen gehörte, die das jüdische Volk hervorgebracht
haben würde. Irgendwann müsste ihr Volk doch ankommen, in dem Land, in dem es
seit Jahrhunderten lebte. Hanna sah aus dem Fenster und betete zu Gott. Er möge
ihr mit dem Geld helfen. Sie hatte keins mehr. Hanna hatte alles durchsucht:
Jede Schublade, jede Tasse, den Zuckertopf, die Dosen, die Schuhe und bei jedem
Kleidungsstück hatte sie die Taschen nach aussen gedreht. Sie hatte gehofft beim
letzten Mal etwas übersehen zu haben. Doch gefunden hatte sie keinen Cent. Im
Kühlschrank waren zwei Eier. Brot hatte sie auch noch. Genug für Spiegeleier.
„Wieder Spiegeleier.“, dachte sie. Aber für morgen hatte sie nichts. Weder Geld
noch Essen.
Sie sah aus dem Fenster und flehte Gott an. Der blieb stumm. Sie senkte ihren
Blick hinab und sah aus ihrem grauem Wohnblock mit den rot übermalten Balkons
und den riesigen Graffities auf den Fahrstuhlschächten zu dem Kinderbauernhof.
Da war er: Ihr Liebling. Er streichelte seinen Silo. Hanna drehte sich um. Sie
durfte nicht aufgeben. Sie musste etwas finden. Eine Kleinigkeit, nur für
morgen, für das Frühstück und das Mittagessen. Sie wollte nicht wieder sehen,
das ihr Sohn hungrig blieb. Sie durchwühlte noch einmal jede Schublade, schob
das Bett zur Seite und weil dort kein Geld lag guckte sie hinter dem Schrank.
Aber Gott zeigte sich nicht wundertätig. Erschöpft fiel sie auf das Bett und
weinte bis sie schlief.
Als Joshua nach Hause kam, sah er ein Bild der Verwüstung. Andere hätten an
Einbruch gedacht. Aber Joshua kannte den Zustand. Das Geld war ausgegangen und
seine Mutter hatte die Wohnung durchsucht. Mehr als einmal. Joshua kamen Tränen.
Langsam zog er den Schlüssel aus dem Schloss und lehnte seine Stirn gegen die
Tür. Der Schmerz, der durch den Druck entstand, breitete sich aus und tat dem
Jungen gut. Er wußte nicht warum. Vielleicht weil das dumpfe Stechen ihm half
die Tränen zu unterdrücken. Vielleicht. Genau wußte er es nicht. Er dachte auch
nicht viel darüber nach, weil er erst sieben war. Leise und kraftlos drückte er
die Tür zu und ging durch die verwüsteten Räume in das Schlafzimmer. Dort lag
sie. Seine Mutter. Sie sah ganz weich aus. Er ging auf das Bett und setzte sich
neben sie. Er streichelte ihren Kopf und ihren Rücken. Joshua legte sich zu ihr
und umarmte sie ganz fest. Seine Hand lag in ihrem Nacken, seine kleine Stirn an
ihrer und als sie die Augen öffnete, sah sie in seine. Sie sah die schönsten
Augen, die es für sie gab. Ihr Junge war da. Er war sehr lieb. Seine Küsse waren
für sie. Diese Liebe musste sie mit niemanden teilen. Diese Liebe gehörte nur
ihnen beiden.
Seit sieben Jahren kannte sie diese Augen. Sieben Jahre hatte sie die Augen
gesehen. Sie hatte für Joshua gesorgt und sich bemüht. Das war oft sehr
anstrengend gewesen, doch sie hatte es immer wieder geschafft. Bis heute. Doch
morgen hatte sie nichts. „Hallo Liebling“, flüsterte Hanna Joshua zärtlich zu.
„Hallo Mama.“, setzte er das Ritual fort. Das machte ihn glücklich. In diesem
Moment waren alle Sorgen weit weg. Es verblieb nur die vertraute Wärme. Erst als
Hanna sich aufsetzte und die verwüstete Wohnung betrachtete, kehrten die Sorgen
zu ihrem Denken zurück. Gefühle von kraftloser Ohnmacht betrübten sie. Joshua
lag in den Armen seiner Mutter. Sie streichelte seine Haare und drehte kleine
Locken hinein. Er bemerkte nicht, das ihr Kopf sich mit verschlossenen Augen
senkte. Erst die tausend Tränen, die auf ihn fielen bemerkte er. Joshua hielt
ihre Hand. Er küßte sie, lehnte seine Wange dagegen. Er spürte ihre
Wärme und fühlte den Druck, der ihm zum einen weh tat, zum anderen aber auch das
vertraute Gefühl gab: „Sie ist da.“ Wie ein leises: „Wir sind nicht alleine.“,
klang das. Er kroch zu ihr hinauf, küsste ihren Hals und ihr Gesicht. Sie
schluchzte kräftig und umarmte ihn verzweifelt. Ganz fest. Joshua bekam kaum
noch Luft. Dann, wie oft hatte Joshua diese Verwandlung schon gesehen, kehrte
Kraft in sie zurück. Er strahlte. Sie hatte neue Hoffnung geschöpft. Vielleicht
hatte sie diesmal Glück. Aber Joshua ahnte den Misserfolg. Sie würde wieder alle
Schubladen aufreißen, wieder in den Zuckertopf und die Tassen schauen, wieder jede
Dose öffnen und darin nach Geld suchen. Der Siebenjährige betete ganz fest. Doch
er glaubte weniger an sein Gebet als an Hannas Scheitern. Seine Mutter würde
nichts finden. Schliesslich hatte Joshua nichts versteckt. Sie fand stets das,
das er vorher für sie versteckt hatte. Nie etwas anderes. Dieses Mal hatte er
kein Geld mehr übrig gehabt. Deshalb hatte er keins versteckt. Später würde sie
wieder ins Bett fallen. Sie würde weinen und kraftlos sein. Und dann wäre sie
bereit für den letzten Weg. Seine Mama würde sich an die Männer erinnern, die
ihn immer freundlich durchs Haar wuselten, bevor sie an ihren Gürtel griffen,
die Schnalle öffneten, und mit seiner Mutter durch die Tür verschwanden. Nach
dem Liebesdienst würden sie mit seiner Mutter trinken und ihr Gesellschaft
leisten. Der eine oder andere würde ihr einen Hochzeitsantrag machen. „Wir sind
hier doch nicht auf dem Viehmarkt.“, pflegte Joshuas Mutter sich darauf zu
entrüsten. Ihrer Unabhängigkeit verlieh sie Nachdruck, indem sie beschwörend
wiederholte: „Nein, auf dem Viehmarkt sind wir hier nicht.“ Ihre Stimme
verstummte. Es folgte eine Pause. So sicherte sie sich ihre Freier. Die Gläser
würden leer werden und sie würde den Freier zur Tür bringen. Zärtlich, aber
bestimmt, nie unhöflich. Mit einem Wangenkuss zum Abschied. Sie wußte was sie an
ihnen hatte. Gerade an denen, die ihr die Hochzeit antrugen. Die Tür würde sich
schließen. Joshua und Hanna würden allein sein. Hanna würde Joshua einen Schein
schenken, ihn ansehen und wortlos sagen: „Es tut mir leid.“ Sie würde in ihren
Stuhl sinken, ihr Haupt senken und wieder weinen. Dabei sind ihr oft die Scheine
aus der Hand geglitten und auf dem Boden liegen geblieben. Joshua hatte das Geld
immer eingesammelt und es in ihr Portemonnaie gelegt. Danach war er zu ihr
zurückgegangen, hatte sie umarmt und geküßt. Joshua erinnerte sich an den Geruch
der Männer, den er dabei gerochen hatte. Joshua hasste den Geruch genauso wie er
die Tage hasste an denen die Männer kamen und das Geld brachten. An diesen Tagen
lachte seine Mutter zwar viel, aber er fühlte, das sie sehr unglücklich war. Er
musste das ändern. Er ging zurück zum Kinderbauernhof. Bei Silo hatte er
manchmal gute Gedanken. Er bürstete den Esel und sah ihn dieses Mal mit anderen
Augen. Er sah das der graue Freund sich in viele Kilo Fleisch verwandelte.
„Fleisch ist teuer“, hatte seine Mutter ihm oft gesagt. Deshalb musste er es
aufessen. Und plötzlich kam ihn eine Idee. Er wollte seinen Freund verkaufen.
Wenn ein kleines Stück Fleisch teuer war, wieviel Geld bekäme er für einen
ganzen Esel? „Vielleicht“, hoffte Joshua, „kann ich das ganze Leben lang Scheine
für Mama verstecken.“ Er sah Silo an. „Das sind wirklich viele Stücke Fleisch“,
fand er und betaste Silo fachmännisch. Das Kind öffnete das Gatter und nahm den
Esel mit. Niemand wunderte sich. Die Kinder nahmen die Tiere oft heraus und
führten sie auf den Parkwiesen spazieren.
Jan, der Betreuer, der Joshua damals an Silo herangeführt hatte, sah die beiden
und fand einen Schatten auf Joshuas Gesicht. „Wahrscheinlich hat seine Mutter
wieder Geldprobleme.“, dachte er sich. Jan kannte Hanna. Er war bemüht die
Eltern der Kinder zu kennen. So konnte er die Kinder besser einschätzen. Seine
Arbeit war vielschichtig. Er kannte sich aus mit Mensch und Tier. Das er mit
seiner Annahme über Joshuas Gesichtszüge nur fast richtig lag, ahnte er nicht.
Des Kleinen Bereitschaft seinen langohrigen Freund auf die Schlachtbank zu
bringen, war jenseits aller Horizonte des Erziehers. „Hoffentlich geht es dem
Kleinen hinterher besser.“, dachte er sich und sah keinen Grund zur Besorgnis.
Der Junge hatte ein stabiles Gemüt, fand er.
Joshua führte den Esel aus dem Park hinaus auf die Straße. Dort ging er von
einem Fleischer zum anderen und bot Silo feil. Doch die Gier lockte keinen den
Esel zu kaufen. Im Gegenteil, die meisten glaubten von einer versteckten Kamera
gefilmt zu werden. So zeigten sich die meisten Fleischer freundlich. Einige
gaben Joshua ein wenig Geld oder Süßigkeiten. „Das macht sich gut im
Fernsehen.“, dachte einer. Die anderen dachten weniger weit. Ihnen gefiel die
Situation einfach sehr gut. Und die Möglichkeit im Fernsehen gut gelaunt
aufzutreten schmeichelte manche Eitelkeit. Keiner scheuchte Joshua und den Esel
aus seinem Geschäft raus. Aber verkaufen konnte der Junge das Tier auch nicht.
Der letzte Fleischer, den Joshua aufsuchte nannten alle Ali, weil nur Gott wußte,
wie Ali wirklich hieß. Und Alis Mutter. Die war schon lange tot und hatte das
Geheimnis mit in ihr Grab genommen. Ali hatte neben seinem aufbrausenden
Charakter, eine ausgeprägte Neigung zur Reinlichkeit. Er beschäftigte sich jeden
Tag vor und nach der Arbeit ausgiebig mit seiner Körperpflege: Er wusch, seifte,
cremte, rasierte und parfümierte sich sorgfältig bis der letzte Hauch vom toten
Fleisch durch oritentalische Duftblüten ersetzt worden war. Er wollte sauber
sein, und zwar so sauber, das jeder andere seine Gegenwart geniessen konnte. Was
seinem Körper galt, galt erst recht der Fleischerei. Schließlich sollten sich
dort auch jene wohl fühlen, die er nicht mochte. „Kunde ist Kunde“, war sein
Motto. Keinen von ihnen wollte er verlieren. Sobald er Zeit hatte polierte er
mit frischen Lappen jegliches festes und bewegliches Teil seines Ladens. Selbst
an schmutzigen Wintertagen glänzte sein Boden, während der Boden anderer
Geschäfte mit dem grau-braunen Schnee und Streusandgemisch überzogen war. Ali
sorgte sich sehr um die Reinlichkeit seines Geschäftes. Wunderte sich jemand
laut darüber, antwortete Ali: „Ich verkaufe schließlich Fleisch und kein
Alteisen. Dort wo man essen kauft, muss alles ganz sauber sein. So sauber, das
man sogar auf dem Boden essen kann, und dabei mein Fleisch genießt.“ Natürlich
probierte das keiner. Aber wer die Antwort hörte, sah sich genau um und gab Ali
recht. Es war ein wirklich sehr sauberer Laden. Seine Freunde scherzten manchmal
darüber, obwohl ihnen Alis Reinlichkeit imponierte. Weil sie Ali so gut kannten,
hätte keiner dabei sein wollen, wenn ein Kunde ein lebendiges Tier in seinen
Laden gebracht hatte. Mit all den Haaren und Bakterien: Vielleicht würde es sich
gar erleichtern. Nie hatte einer darüber Vermutungen angestellt. Hätte es einer
getan, hätten alle Freunde dafür gesorgt, das das Thema gewechselt würde, sobald
Ali dazukäme. Gewiss würde er laut schimpfen. Sein Kopf würde ganz rot vor Zorn
werden. So hätten Alis Freunde sich den Fleischer vorgestellt, wenn sie sich
getraut hätten, darüber nachzudenken. Sie hatten sich aber nicht getraut. Ein
Tier im Laden hätte er nie geduldet, hätten seine Freunde geglaubt, wären sie
mutig gewesen. Die Situation blieb unbedacht. Stattdessen passierte sie.
Unvorbereitet. Unvorstellbar. Aber hörbar. Die Klingel der Tür läutete. Joshua
trat mit dem Esel ein. Alis drei Angestellte hielten den Atem an. Ali drehte
sich herum. Er sah Joshua und den Esel. Er glaubte er seinen Augen nicht trauen
zu können. Er rieb sie fest. Öffnete die Augen wieder. Er blieb still. Kein
Laut. Weder von ihm, noch von den drei Angestellten, denen langsam die Atemluft
fehlte und die ein Wunder erleben sollten: Ali weinte. Joshua und sein Esel
lösten aus ihm alte Tränen heraus. Ali erinnerte sich an sein anatolisches Dorf.
Bilder aus seiner Kindheit erschienen. Er sah, sich seinen Esel streicheln. Er
fühlte wie er mit seinem Langohr Stirn an Stirn geruht hatte. Er spürte des
Esels Herzschlag, als er ihn umarmt hatte. Ali roch den vertrauten Tierduft. Ali
hatte den Esel immer mit sich geführt. Er hatte nie Zaumzeug benutzt, nicht mal
ein Band hatte er seinem Gefährten um den Hals gelegt, erinnerte er sich. Der
Esel hatte ihn nie gebissen und folgte jeden von Alis Schritten. Nur reiten ließ
der Esel Ali nicht. Wenn Ali aufgesessen war, blieb der Esel stur stehen. Ali
lachte in sich hinein, als er auf seine Kindheit zurückschaute. Das Undenkbare
geschah. Ali ließ den Jungen mit dem Esel eintreten. Ali ging zu dem Esel und
streichelte ihn vorsichtig.
„So ein schöner Esel“, sagte er. „Ist das dein Freund?“
„Ja“, antwortete Joshua. Doch dann erinnerte er sich warum er hier war: „Ich
möchte ihn verkaufen.“
„An mich?“
„Ja, an Dich, Du machst doch Fleisch“
„Aber...“
„Das ist ein guter Esel. Sieh nur sein Fell. Es glänzt ganz toll. Ich habe ihn
heute gestriegelt und gebürstet. Und guck nur...“ Joshua zeigte auf den Bauch.
„Der Bauch ist riesengroß. Daraus kannst du ganz viele Steaks schneiden.“
Ali hörte nur halb hin. Er streichelt den Esel. Diese Lebendigkeit. Er erinnerte
sich an seinen Esel. Seine Erinnerungen bekümmerten ihn. Es hatte einen kalten
Winter gegeben. Und dann wurde der Winter sehr feucht. Die Getreidevorräte waren
zu Ende gegangen: Teils gegessen, teils unwiederbringlich verfault. Seine
Familie hatte kein Essen mehr. Und einen Esel. „Vermutlich würde der nicht gut
schmecken.“, wurde angenommen. „Der Esel ist alt und altes Fleisch schmeckt
schlecht.“, hatte es geheißen. Aber Fleisch hieß Überleben. Alle hatten Hunger.
Es ging zuende mit dem Leben und je länger der Winter dauerte, desto mehr roch
er nach Tod. Vor allem für den Esel. Zugunsten von Alis Familie fand der
Gevatter das Tier. Alis grauer Schatten hatte seinen Weg beendet. Ali musste
allein weitergehen. Dafür blieben ihm seine Brüder und Schwestern.
Die anatolischen Erinnerungen versandeten. Er sah Joshua an. Er kannte dessen
Gesicht. Er hatte ihn oft gesehen. Der Junge wohnte in der Nähe. Er war manchmal
an seinem Fenster vorbeigelaufen. Im Laden war das Kind noch nie gewesen. Ali
kannte seine Kunden.
„Warum willst Du den Esel denn verkaufen?“, fragte Ali Joshua feinfühlig.
„Meine Mama hat kein Geld mehr. Wir können uns nichts zu essen kaufen.“
„Ach“, entfuhr es Ali und legte sich seine Hand an seine Wange. Die Zeiten waren
wieder schlimm geworden. „Du musst den Esel nicht verkaufen. Aber wenn Du
möchtest kannst Du mir helfen. Ich bezahle Dich dann auch.“ Der siebenjährige
strahlte, aber die Taube auf dem Dach schien ihm recht fern. „Das ist gut. Aber
ich brauche jetzt Geld.“, beharrte er in dem Ton eines Erwachsenen. „Ich will
Dir einen Vorschuss geben.“, bot Ali ihm an und ging zur Kasse. Er öffnete sie
und nahm ein paar Münzen heraus. Joshua öffnete seine Hände und zählte mit,
während Ali das Geld hineinlegte. Das reichte zum Einkaufen wußte das Kind. Doch
der siebenjährige hatte Mut gefunden und statt zu danken, starrte er zur
Fleischtheke. Das sah lecker aus. Ganz eindringlich sah er hin. Ali verstand. Er
packte dem Jungen zwei Steaks und ein halbes Pfund Aufschnitt dazu. Mit seinen
kräftigen Fleischerhänden kam er zurück und drückte Ali das Paket in die Hand.
„Bis morgen!“, verabschiedete Ali Joshua und bat ihn: „Aber lass den Esel zu
Hause.“ Joshua sah ihn an. Er strahlte und verabschiedete sich mit seinem: „Bis
morgen.“ Er brachte den Esel zurück und ging nach Hause. Hanna war fassungslos.
Sie sah auf das Geld und roch an dem Fleisch. Das Fleisch war sehr gut. Fein und
frisch. Joshua war aufgeregt und erzählte die Geschichte, die Hanna immer wieder
mit einem lauten :“Gelobt sei der Herr!“ unterbrach. Hanna war glücklich. Ihr
Sohn hatte seine beste Seite gezeigt. Nur eins betrübte sie: Das ihr Kind schon
arbeiten musste. Sie spürte ganz deutlich den Wechsel der Zeit. Es wurde kälter.
von Martin Teuschel Zum Seitenanfang | |
Deine kleine Schnuppertour- Im Projekt Freiraum kann geduscht werden. Eine Dusche ist abgebildet.
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