Unkommerzielle Arbeiten von John-Martin Teuschel (JOMT) bis 2010

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www.berlinerplakate.de: Gedanken über die Sicherheit von Martin Teuschel

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Michele war müde. Es war sechs Uhr morgens. Zwei Stunden vor Schichtende. Es war eine ruhige Nacht gewesen. Langweilig. Niemand war gekommen. Immerhin hatte er seine Hausaufgabe für die Uni fertig. Das war immerhin etwas.

Michele starrte dem Sekundenzeiger hinterher. Er sah sich um. Zum hundertsten Mal. Alles war so wie die neunundneunzig anderen Male. Langeweile plagte ihn. Sie machte ihn unzufrieden und ungeduldig. Er blätterte das Magazin durch, legte es beiseite und dachte über seinen Job nach. Es missfiel ihm für die Haussicherheit zu sorgen. Michele mochte keine Sicherheitssysteme: Kameras in Ü-Bahnen,  Supermärkten, an Häusermauern und  über Autobahnen waren ihm unangenehm. Seine Privatsphäre wurde verletzt, sobald er sich in die Öffentlichkeit begab. Das schien ihm unheimlich. Und jetzt saß er hier am Ende solcher Kameras. Genau wie Millionen andere Sicherheitsbeamte. Das dieses System wirkliche Freiheit und nicht die Freiheit kapitaler Werte sicherte, schwächte seinen Widerstand. Ein guter Zweck. Trotzdem bedauerte er, das selbst die  Menschen im "Tor zum Herzen" beobachtet wurden. Benötigten sie Kontrolle? Wozu? War er Handlanger  geworden? Ja, das war er. Und das hasste er an diesem  Job.

Er verwarf die Gedanken und überblickte die Monitore. Er sah leere Räume. Bis auf die Küche. Hier bereitete sich Elfried Essen zu.

 Michele beobachtete ihn. Langsam, Elfried war müde, nahm er Nussnougatcreme aus dem Küchenschrank und las das Schild.  "Was liest Du?", fragte sich Michele. Minuten schienen zu verstreichen, bevor Elfried wegblickte und den Deckel öffnete. Messers Scheide tauchte in Nougat. Das Messer verstrich zart Creme auf dunkles Brot. Danach stellte er das Glas in den Schrank zurück, drehte sich um und reckte sich zur Kamera. Sein Gesicht erschien im Monitor. Elfried zog die Klinge zwischen die Lippen und leckte sie übertrieben ab. Dann winkte er Michele zwinkernd zu. Michele fühlte sich erwischt. Elfried setzte sich an einem Tisch und wandte der Kamera seinen  Rücken zu. Als  Betrachtungsobjekt zu langweilig. Wie die Nacht.
Elfrieds Aktion hatte Micheles Geist geweckt. Die Langeweile war angeknackst. "Das freut also Sicherheitskräfte in der Nacht.", dachte Michele. Seine Gedanken waren erweckt. Seine Ablehnung von Wachanlagen widersprach seiner Tätigkeit. Dieses Missverhältnis bewegte ihn, in  der Hauschronik zu recherchieren. Warum benötigte das "Tor zum Herzen", dessen Mitglieder  Vertrauenswürdig schienen, diese Sicherheit.
Er fragte den Computer. Dessen künstliche Intelligenz ordnete automatisch Kamerabilder auf den rechten Monitor, während nach Micheles Arbeitsweise Findmittel übersichtlich verfügbar wurden. 
Er fand heraus, das des Wachsystems Nutzen war,  Personen vor Gewalt zu schützen. Die Kameras reagierten auf Änderungen von Bewegungsgeschwindigkeiten, Lautstärken und Sichtweiten. Auch Rauch. alarmierte unverzüglich den Portier. Dadurch musste das Personal die Monitore nur gelegentlich anschauen, und konnte so beispielsweise Bewusstlose retten.
Die erste Diskussion über Sicherheitsmaßnahmen gab es in der  Planungszeit. "Vertrauen ist Grundlage für das Miteinander im "Tor zum Herzen"", einigten sich die Mitglieder und sparten Sicherheit aus. Bis Vertrauen gebrochen wurde. Eine mexikanische Touristin wurde im Duschraum vergewaltigt. Sie wurde erst morgens gefunden: Schwer verletzt und ohnmächtig. Ein Schock. So etwas war im "Tor zum Herzen" nie passiert. Ein Fremder? Ein Mitglied? Zweifel waren gesät und Ängste geschürt. Michele las die Diskussionen nach. Sie waren sehr emotional und nur wenige, fanden, das das "Tor zum Herzen" ohne Kameras bleiben sollte. Der bezahlte Preis war sehr hoch. Die Mitglieder fanden ein System, das die Kluft zwischen Privatsphäre und Überwachung überbrückte. Schnell wurde das System entwickelt und in das häusliche Netzwerk integriert.
Michele sah. jetzt mit anderen Augen. Dem Widerstand gegen diese Arbeit war Verständnis gewachsen. Restlos überzeugt war er allerdings nicht. Seine Gefühle wehrten sich.

Michele war froh, das es auch diese Nacht ohne Alarm blieb. Das war für alle gut. Er saß, wartete,  sah wieder auf Elfrieds Rücken bis ein lauter Ton seine Langeweile zerbrach. Kein Alarm. Es klingelte an der Tür. Auf dem Monitor sah er einen müden Reisenden mit großer Tasche.
Bevor er die Tür öffnete, betrachtete er sich im Spiegel, lächelte hinein und sprach im Geiste zu sich: „Ja, ich werde den Gast freundlich begrüßen. Meine schlechten Gedanken und Erlebnisse haben mit ihm nichts zu tun.“ Michele öffnete die Tür und hieß Sandros herzlich willkommen.

 

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von Martin Teuschel

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