Unkommerzielle Arbeiten von John-Martin Teuschel (JOMT) bis 2010

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www.berlinerplakate.de: Sandros und die Kuhmaschine von Martin Teuschel

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Sandros und die Kuhmaschine

Kräftiges Surren und ein kurzer Klick. Die Tür öffnete sich einen Spalt weit. Sandros drückte  und schob sie auf. Nachdem er durch die Tür trat, befand er sich im Empfangsraum.

Vor ihm war eine große Flügeltür, die aus dem gewölbten Raum hinausführte. Links, hinter dem Tresen und zwei Glasscheiben, war der Arbeitsplatz des Portiers: Ein großer Raum, den ein Regal teilte. Darin lagen Leinensäcke. „Vermutlich mit Bettwäsche“, dachte Sandros. Gedämpftes Licht und der angenehme Geruch, unbekannter Pflanzenblüten, schufen gemeinsam mit hellen Farben eine Atmosphäre, in der viele Gäste sich willkommen fühlten. Der Portier war ein ausgesprochen bulliger Typ. Seine zahlreichen Narben und filigranen Tätowierungen passten eher in eine düstere Hafenkneipe namens „goldener Anker“ als ins „Tor zum Herzen“. Es gab durchaus Zweifel an seinem Aussehen, denn am Empfang leistete er repräsentative Aufgaben. Doch letztlich gewannen Offenheit und Toleranz gegenüber reinen Äußerlichkeiten. Wie sich herausstellte zu jedermanns Vorteil.

Sandros trat an die Theke. In sie waren zwölf Monitore, sechs auf Seiten der Gäste, sechs auf Micheles Seite, eingelassen. Müde stellte der Angereiste seinen Koffer ab. Michele reichte dem Ankömmling die Hand und schüttelte diesen herzlich durch. Michele begrüßte Sandros auf spanisch. Natürlich war es nicht mehr, aber eben auch nicht weniger als ein Zufall, der Michele und Sandros erlaubte sich in der Sprache des Gastes zu unterhalten. Dieser glückliche Zufall, erfreute Sandros, dessen Augen verzweifelt gegen die Müdigkeit kämpften, und in dessen Gehirn schwierige, deutsche Worte sortiert und aneinandergereiht wurden. Der spanische Wortschwall ließ die deutschen Worte in die Leere fallen. Teils aus Neugier, aber auch um das Begrüßungsprotokoll zu erfüllen, fragte Michele den Spanier nach dessen Befinden, den Verlauf der Reise und einigen anderen netten Dingen. Michele dachte zwiespältig über diesen Small Talk, obwohl die Erfahrung ihn gelehrt hatte, dass auch diese Art der Konversation durchaus ihre Berechtigung hatte. Sie schenkte dem Gast Vertrautheit.

Michele wusste bereits durch die Internetbuchung einiges über Sandros. Der Portier öffnete die Begrüßungsmindmap. Mindmaps sind beschriftete Bilder, die übersichtlich wichtige Elemente zusammenhängend ordnen. Dadurch erlauben sie Erklärenden Sprünge und vereinfachen Erinnerung. Im "Tor zum Herzen" verbinden sie zudem weitere Dokumente, und berücksichtigen hörbar barrierefrei Sprache, Wissensstand, Lernfähigkeit und persönliche Vorlieben des jeweiligen Mitglieds.  Anhand der Mindmap, wies Michele Sandros schnell auf  wichtigste Regeln hin, die er mit dem Mauszeiger vergrößerte. Der Vielsprachigkeit genügend war seine Mindmap auf Italienisch, Sandros auf Spanisch.

Sandros hörte die Informationen von Michele, während Schrift und Symbole auf den Monitoren Gesprochenes ergänzten. Mittels dieser Darstellung verstand Sandros die Satzung und behielt ein Bild ihres Inhaltes. Unbewusst, erlangte er gleichzeitig das Wissen, wie man aus Monitoren, die in jedem Zimmer hingen, weitere Informationen gewinnen konnte. Der im Uhrzeigersinn letzte Eintrag der Mindmap lautete „Hast Du eine Frage?“ und wandte sich direkt an den Gast. Sandros hatte keine und Michele navigierte: „WEITER“. „WILLKOMMEN! WERDEN SIE MITGLIED!“ lief über alle Bildschirme der Gästeseite. Michele reichte Sandros den Aufnahmeantrag.

Sandros erhielt die spanischen Formulare, überflog sie kurz und unterschrieb neben dem dicken, schwarzen Kreuz. Schon das Fettgedruckte gab ihm die entscheidende Sicherheit:

„Durch die Clubmitgliedschaft entstehen keine Kosten. Du möchtest spenden? Frage das Personal, wirf Geld in eine der Gelddosen  oder überweise es an das untenstehende Konto.“

Und weiter unten stand: „Zur Clubmitgliedschaft gehört die Bereitschaft zur Mithilfe.“, sowie „Die Mitgliedschaft ist jederzeit kündbar.“ Kleingedrucktes gab es nicht. 

„WEITER“

Nachdem Sandros unterschrieben hatte, zeigte
Michele auf dem Monitor einen Tätigkeitskatalog.

Er stoppte bei folgendem Eintrag: „Die Kuhmaschine füttern.“ Er fragte, was das sei: "Eine Kuhmaschine?" Michele wählte das Wort Kuhmaschine an. Es vergrösserte sich und ein Schaubild mit einem Foto der Kuhmaschine erschien. Mit dieser Mindmap erklärte Michele die Maschine.

„Die Kuhmaschine ist eine wichtige Stromquelle im Haus. Sie heißt Kuhmaschine, weil ihre Funktion Kuhpansen ähnelt. Durch vier Verdauungsvorgänge inklusive Wiederkäuen gewinnt die Maschine aus Gras die Energie, die eine Kuh zum wachsen und leben benötigt. Im Gegensatz zu einer echten Kuh hat die Maschine den Vorteil, daß ihr Endprodukt als Brennstoff gespeichert wird. Im  Gegensatz zur Kuh wandelt die Kuhmaschine ihre Energie nur in  Elektrizität und nicht in  Fleisch, Milch, Umherlaufen und lautes Muhen um. Ein weiterer Vorteil liegt in der Geschwindigkeit der Energieaufnahme. Während eine normale Kuh, den ganzen Tag auf der Wiese steht und Gras frisst, benötigt die Kuhmaschine nur eine Stunde. In diesem Vorteil allerdings, liegt ein deutlicher Nachteil verborgen: Eine Kuh frisst eigenständig. Nicht  aber die Maschine. Schließlich ist sie kein Perpetuum mobile, welches bekanntlich immer noch unentdeckt ist. Und auch ist sie kein Lebewesen. Die Maschine benötigte einen Menschen, der einen Zentner Gras zufüttert und danach 30 Minuten auf einem unbewegten Fahrrad in die Pedalen tritt, damit die Verdauung in den Gang kommt. Anschliessend produziert die Maschine drei Tage Energie. Erfunden hat sie Erwin Rintsch, ein Berliner Erfinder und Gründungsmitglied des Clubs. Die Pläne der Maschine sind käuflich erwerblich, für den Nachbau zu gewerblichen und privaten Zwecken gibt es spezielle Lizenzen,  deren Gewinne das „Tor zum Herzen“ begünstigen."

Sandros war fasziniert. Die Maschine wollte er sehen. Die Arbeit wollte er übernehmen. Die Kuhmaschine füttern. Sein erster Plan für seinen Berlinaufenthalt.

 

 

Weiter gehts im vierten Teil

von Martin Teuschel

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Deine kleine Schnuppertour
  • Im Projekt Freiraum kann geduscht werden. Eine Dusche ist abgebildet.
  • Abbildung: Sauberkeit in Bad und WC. Ein Desinfektionsspender für die Toilette zum einfachen Gebrauch.
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  • Glaube, Liebe, Hoffnung: Christliche Werte mit Tusche gezeichnet.
  • Sandra meint: "Was du hier schreibst ist Kitsch. Manchmal wünschte ich[..] eine Internetprüfung!" Was meinen andere?
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