Geschichten:
Radio TAT:
Serie : (kannst Du auch einzelnd lesen!)
und dazu gibt es viele Bilder |
Monat Mai. Die Reisesaison beginnt. Der Tourismus erwacht aus dem
Dornröschenschlaf, der Rubel rollt. Nur da nicht, wo der Tourismus keinen
Dornröschenschlaf kennt, die Betten 100% gebucht sind und das Personal mit Logis
entlohnt wird.
Tourismus: erscheint vielen als überflüssig, ist aber meist auch bei
denen beliebt, die ihn in ihrer eigenen Stadt ablehnen.
Betten:
Abbildung
(1)
(2)
Schlafraum (1)
(2) |
Sklaverei und verträumter Kapitalismus, hoffen die Gierigen und wollen wissen,
wie das legal sein kann. Hingeschaut werden die Hoffnungen enttäuscht, das
Konzept lebt mit Konsumfreiheit und vom Reichtum ohne Gier.
Konsumfreiheit:
Das TZH ist ein Raum, der
konsumfrei
genutzt wird. D.h. es gibt keinen Verkauf. |
Ich interviewte Marc für Dich. Marc arbeitet seit acht Monaten im „Tor zum Herzen“ (TZH) und
studiert Germanistik in Berlin. Ich traf ihn im Görlitzer Park. Händeschütteln,
zwei nette Worte. Wir tranken Kaffee, als ich seinen wachen Blick bemerkte, der
Kniescheibengeschichten offensichtlich genau wie ich mochte. Nur schien er dem
femininen Knie zugeneigter. Erdlinge sind oft so heterogen. Macht nichts, ich
hatte doppeltes Vergnügen.
Erdlinge: sieht Tone-A-Tube aus als
sei er von hier?
|
Tone-A-Tube (TAT): Schön hier, nicht wahr?
Marc (M): Ja. sehr angenehm. Es ist Frühling. Es riecht nach Liebe.
TAT: Ja, bezaubernd. Sag... erzähl von Dir: Für die Hörer. Du bist von
Birmingham nach Berlin gekommen. Warum gerade Berlin?
Berlin:
Meine persönliche Neigung zur Stadt wird deutlich. Wenngleich natürlich TZH - Häuser überall ihren Platz finden.
|
M: Wie Du weißt studiere ich Germanistik. Und da ist es gut wenn man nach
Deutschland kann. Und wenn Deutschland... wohin? Von München rieten mir alle ab.
Köln und Hamburg, waren auch interessant, aber gegen Hamburg sprach der Regen.
Den habe ich zuhause auch und weißt Du, ich liebe es eine
Woche oder auch mal zwei ohne Regen zu sein. Und im Winter gab es richtigen
Schnee. Nicht Matsch. Weißt Du... weiß... Fantastisch. Und Köln? Naja, wenn Du
studierst, warum nicht in einer richtigen Stadt.
TAT: Und bist Du mit Berlin zufrieden?
M: Ja, sehr.
TAT: Manchmal, wenn ich allein bin, denke ich an meine zurückgelassene
Familie. Hast Du auch Menschen in Birmingham zurückgelassen? Geschwister oder
eine Geliebte.
M: Eine Geliebte glücklicherweise nicht, aber ich habe zwei kleine
Schwestern, die ich sehr mag. In Birmingham hat es mich manchmal geärgert, wenn
ich auf sie aufpassen musste und nicht meine Freunde treffen konnte. Aber jetzt,
wünsche ich mir manchmal, sie wären hier bei mir. In den Juli kommen sie mich
besuchen. Ich freue mich sehr.
TAT: Wann vermisst Du sie am meisten?
M: Wenn wieder jemand besonders deutsch war.
deutsch:
auch viele Umerziehungsversuche in den
Ämtern in den 90'er Jahren schlugen fehl.
Vielleicht lag es auch daran, das nach Höflichkeitskursen wieder von
oben nach unten mit Angst vor der Arbeitslosigkeit gedroht wurde.
Höflichkeit, Respekt und Vertrauen gehen Hand in Hand.... |
Das geht immer mit einer
unglaublich herzlosen Arroganz einher. Furchtbar. Zum Beispiel beim Amt. Dann
bin ich hinter her deprimiert und hätte die beiden gerne um mich. Wir könnten
Karten spielen, weißt Du. Zusammensein.
TAT: Das verstehe ich gut. Geht mir ähnlich. Manchmal ist das wirklich
schlimm. Glücklicherweise gibt es ja Dinge, die über die in der Ferne
verbliebenen hinwegtrösten können. Das Tor zum Herzen ist für mich so eines.
M: Ja, es ist ein guter Ort um Freunde zu finden.
TAT: Erzähl mir mehr vom "Tor zum Herzen". Du arbeitest und wohnst dort.
Wie hast Du es kennen gelernt?
M: Als ich mich entschieden hatte, in Deutschland zu studieren,
informierte ich mich über Wohnungen. Sie waren sehr teuer, natürlich nicht so
wie die in London. Ich suchte im Internet und fragte an der Uni nach. An der Uni
fand ich den ersten Hinweis auf das Tor zum Herzen. Ich recherchierte darüber
und war von seinen Ideen fasziniert. Auch die Bilder der Wohnungen sprachen mich
an und so bewarb ich mich. Das Einstellungsgespräch verlief virtuell, ich konnte
alles von Birmingham aus erledigen. Und dann hatte ich das wichtigste: Glück.
virtuell:
Statt, das jeder Bewerber zum TZH kommt werden Einstellungsgespräche mit
allen Teilnehmern online. Das spart allen Kosten und erfordert keine
räumliche Nähe.
Professionalität:
wird durch
Prozessstandards gewährleistet.
|
TAT: Als Du ins TZH gezogen bist, wie wurdest Du empfangen?
M: Das war richtig gut. Sehr herzlich. Ich war sehr überrascht. Die
Professionalität, die das Einstellungsgespräch beherrschte wurde beibehalten.
Und ich meine damit nicht die Klarheit und Nüchternheit, wie Du sie im Gespräch
bei der Bank findest. Sondern Menschlichkeit.
Aber das ist ja eben ein spezielles Ziel dieser Professionalität. Also, ich
sag's Dir. Ich stand vor dem TZH. Es war voller Graffitis, es wirkte sehr hippieesk.
Ist ja eigentlich gar nicht meine Schiene, ich bin ja eher ein
konservativer Typ. Da stand ich nun und klingelte. Ich wurde hereingelassen.
Olli, machte den Portier, und erkannte mich als neuen Mitarbeiter.
Musste er ja.
Er hatte ein Foto von mir und war ab jetzt mein Mentor.
Mentor: Neue Mitarbeiter haben einen Mentor. Dieser hilft
bei Problemen und weist den nächsten in die Arbeit ein. |
Er stellte sich mir vor,
und hieß mich willkommen. Dann rief er die anderen. Die waren verrückt, sie
umringten mich, jubelten, machten Scherze mit mir. Dann entführten sie mich nach
oben, zeigten mir mein Zimmer. Es war leer. Kahl. Das war der Anfang. Oben
lernten wir uns kennen. Quatschten und hatten ´ne Menge Spaß. Ich dachte, ich
müsste auf dem Boden schlafen. Hatte ja noch kein Bett.
TAT: Und wo hast Du geschlafen?
M: Für mich war ein Bett im Hotel reserviert. Wie bei allen. Für fünf
Nächte.
fünf
Nächte: ist eine
Beschränkung, die für alle Hotelgäste gilt.
(1) |
TAT: Und was bedeutet das TZH jetzt für Dich?
M: Für mich ist das TZH Arbeitsplatz und Wohnort. Ohne das TZH hätte ich
es mir vermutlich nicht leisten können in Berlin zu studieren.
Und wenn doch, würde ich mehr Zeit für das Studium brauchen, weil ich einfach
mehr arbeiten müsste, um mein Leben zu finanzieren.
TAT: Das klingt ja gut, aber nervt es nicht auch Wohnen und Arbeiten so
eng miteinander zu verbinden?
M: Bisher nervt mich das nicht. Die Älteren sind auch noch zufrieden. Es
ist eigentlich so ähnlich wie in einem Projekthaus, aber straffer organisiert.
So wie eine große, gut funktionierende WG. Und die Arbeitszeit ist ja auch
begrenzt. Es sind nur 10 Stunden in der Woche, der Lohn ist freie Logis. Essen
muss ich mir selbst kaufen. Dafür habe ich noch einen Nebenjob.
TAT: Kostenloses Wohnen. Wie sind die Wohnungen?
M: Die sind okay. Jeder hat ein kleines Zimmer mit Fenster. Drei mal drei Meter.
Die Einrichtung bringt jeder mit, wobei der Umsonstladen sicherlich ein
wichtiger Herkunftsort der Güter ist. Umgekehrt profitiert der Umsonstladen von
den Auszügen.
Umsonstladen: Hinkommen,
mitnehmen, mitbringen - kein Tausch - kein Kauf - mehr auch bei
www.umsonstladen.info |
Duschen, Toiletten und Gemeinschaftsräume gibt es auch noch. Da
kann man Fernsehen oder miteinander spielen. Die Küche ist recht groß und ein
beliebter Treffpunkt für alle.
TAT: Die Sanitär- und Aufenthaltsräume, teilt ihr die mit den Besuchern?
Sanitär-
und Aufenthaltsräume: gibt es zweimal im TZH. Für Mitglieder und Hotelgäste und für das Personal in den
Personalgeschossen.
(1) |
M: Nein, die sind getrennt.
TAT: Das TZH ist sicherlich auch Plattform für politisches Gedankengut.
Bist Du selbst politisch aktiv?
M: Ja, das bin ich. Aber mehr in England, als hier. Hier halte ich mich
zurück, ich denke ich verstehe zu wenig von Deutschland, um mitzureden. Aber ich
halte meine Augen offen.
TAT: Welche politische Richtung bevorzugst Du?
M: Ich bin Monarchist.
Monarchist: Unterschiedliche Kulturen bringen seltsame Blüten
zueinander. Wenn es gut läuft ergibt das ein köstliches Menü. |
TAT: Monarchist?
M: Das klingt in Deutschland seltsam, aber England ist ein monarchistischer
Staat. Leider konstitutionell. Aber ich arbeite daran, das sich das ändert. Und
ich bin nicht allein.
TAT: Das klingt sehr undemokratisch. Kannst Du das mit dem TZH überhaupt
vereinbaren?
M: Ja. Das TZH lehrt Herzenstugenden. Menschlichkeit. Das sind auch wichtigste
Vorraussetzungen für Monarchie. Ich denke, dass ich und das TZH gleichermaßen
von meinem Berliner Aufenthalt profitieren werden. Ich bin der erste Monarchist
im TZH. Dadurch erfahren die Menschen eine neue Sichtweise.
Andererseits lerne ich aus dem, meiner Meinung nach eher linken Projekt vieles
über Toleranz, und noch viel wichtiger: Akzeptanz. Die habe ich bei meinen
englischen Parteifreunden oft vermisst.
TAT: Deutschland ist anders als England. Was magst Du hier besonders?
M: Es gibt viele Dinge, die ich hier mag. Aber allen voran liebe ich die
sprachliche Kultur. Es gibt hier bedeutende Dichter, allen voran Heine und
Goethe. Sie sind großartig.
TAT: Und was magst Du am wenigsten?
M: Das ist einfach. Die Bürokratie. Es ist einfach unglaublich wie viele Ämter
es gibt. Angefangen bei der polizeilichen Anmeldung, deren Sinn ich bislang
nicht verstanden habe. Kannst Du ihn mir erklären?
TAT: Nicht wirklich. Ich glaube, das die Polizei gerne weiß, wer wo wohnt. Aber
für den Einzelnen bringt das sicherlich keinen Vorteil. Und was wünscht Du Dir,
was man ändern sollte.
M: Ich glaube, dass die Menschen sich über die Wichtigkeit von Freundlichkeit
klar werden sollten. Ich weiß, dass das in Berlin anders ist als in anderen
deutschen Städten. Doch die habe ich bisher noch nicht kennen gelernt.
TAT: Das ist schade. Du wirst sicherlich Gelegenheit dazu finden. Im TZH finden
viele Seminare statt. Hast Du an einem teilgenommen?
M: Ja, sogar an mehreren. Als Angestellter bin ich sogar dazu verpflichtet,
damit ich meine Arbeit in erwünschter Qualität ausführen kann.
In diesen Pflichtseminaren lernst Du, wie die Abläufe im TZH funktionieren.
Abgesehen von diesem habe ich auch die Seminare aus der Reihe: „Hirnforschung
und Willensfreiheit“ besucht.
TAT: Erzähl doch mal, worum es da geht und wer sie hält.
M: Der Hauptleiter der Seminare ist Jaques. Jaques studiert Psychologie und
Philosophie. Die Seminare erarbeitet er zusammen mit Michaela, Peter und Frank.
Sie halten meist die Vorträge. Jaques hält sich im Hintergrund und beantwortet
schwierige Fragen. Der Inhalt des Seminars liegt darin, neueste Ergebnisse der
Hirnforschung zu sammeln und zu vermitteln. Es ist sehr interessant zu erfahren, dass Dein freier Wille, sovielen
neurologischen Funktionen und Mechanismen unterliegt. Fast scheint es, als
existiere freier Wille überhaupt nicht. Aber diese Einsicht läuft meiner
persönlichen Perspektive zuwider.
TAT: Du trägst einen Anzug und Krawatte. Im TZH gibt es Kleidungsvorschriften.
Passt Dir das?
Kleidungsvorschriften:
kommen immer wieder vor: Für Mitglieder: bunt aus Kleiderkammer,
ermöglicht Individualität, verdeckt jedoch gleichzeitig soziale
Differenzen.
Personal hingegen trägt Schutzkleidung.
(1)
(2) |
M: In der Arbeitszeit trage ich meine Arbeitskleidung, in den Privaträumen die
Kleidung die ich will. Und in den Clubräumen da passe ich mich halt an. Aber um
auf Deine Frage zu antworten. Es gefällt mir nicht sonderlich. Es hat so etwas
von Karneval. Andererseits bemerke ich, das mein Blick für Äußerlichkeiten
zunehmend offener wird. Ich beurteile tatsächlich auch außerhalb des TZH
Menschen nicht mehr so stark nach ihrer Kleidung.
TAT: Und doch trägst Du einen Anzug!
M: Hast Du ein Problem damit? Gefällt er Dir nicht? Ich liebe Anzüge.
TAT: Nee, kein Problem. Aber im TZH sind Anzüge so selten.
M: Das liegt am Sponsoring. Oder am Geschmack.
TAT: Vermutlich am Sponsoring. Die Kleidungskombinationen aus dem Umsonstladen
sind nicht immer der Hit.
M: Das sind sie wirklich nicht.
TAT: Zurück zu meinen Fragen. Was gefällt Dir am TZH?
M: Das Wagnis Menschlichkeit zu fördern.
TAT: Und was missfällt Dir dort?
M: Nichts, im Allgemeinen. Gäbe es in Birmingham auch solch einen Ort, würde ich
ihn gerne besuchen.
TAT: Marc, stell Dir vor Du lernst einen Menschen kennen. Du denkst, das ist ein
ganz besonderer Mensch: Was zeichnet ihn aus, macht ihn ganz besonders?
M: Zunächst wäre er mir sympathisch. Und dann müsste er etwas geleistet haben,
was ihn besonders macht.
TAT: Zum Beispiel?
M: Die Monarchie in England aus der Konstitution befreien!
TAT: (lacht) Unglaublich, du weißt, was Du willst. Und die letzte, entscheidende
Frage: Wo hast Du Deinen letzten Urlaub verbracht?
M: Auf Ibiza.
Ibiza, Monarchie, very British. Marc und ich schauen noch ein paar Frühlingsfeen
hinterher und quatschen weiter. Der offizielle Teil ist vorbei. Was tun? Wir
verabreden uns für heute Abend. Party in Potsdam. Dann lernt Marc mal was
anderes als Berlin kennen.
Bye, bye Euer Tone-A-Tube
von Martin Teuschel Zum Seitenanfang | |
Deine kleine Schnuppertour- Im Projekt Freiraum kann geduscht werden. Eine Dusche ist abgebildet.
- Abbildung: Sauberkeit in Bad und WC. Ein Desinfektionsspender für die Toilette zum einfachen Gebrauch.
- Glaube, Liebe, Hoffnung: Christliche Werte mit Tusche gezeichnet.
- Sandra meint: "Was du hier schreibst ist Kitsch. Manchmal wünschte ich[..] eine Internetprüfung!" Was meinen andere?
- Streetart zum Berliner Straßenkunstfestival Berlin-Lacht 2007 mit der Kurzgeschichte Straßenkunst
- Berlin: Superstar Boxi spielt mit Styropor Stadtbau. Und baut dabei reichlich Tower
- Comic :Umzug in Berlin. Freunde helfen. Professionell ist das selten. Dafür gibts Renovierungstipps.
- Ein Projekt das Gesundheit, soziale und informelle Gerechtigkeit, religiöse Toleranz und Integration fördern und fordern will, kann zur Verwirklichung seiner Ziele Grundregeln definieren.
- Kurzgeschichte: An der orientalischen Bühne beim Karneval der Kulturen gab es wieder ein tolle Show.
|
|